Ein Plädoyer für
den 6x30 Sucher
Die
Frage nach dem richtigen Sucher ist sicher genauso brisant wie die
Diskussion, ob nun der Newton oder der Refraktor das bessere Teleskop
ist. Ich will hier auch nicht das Pro und Contra zwischen
Sucherfernrohren, Telrads, Starpointern etc. erörtern. Tatsache ist
aber, dass die standardmäßigen 6x30 Sucher gerne belächelt werden und
oft auch als allererste Aktion gegen einen 8x50 Sucher oder ein anderes
Peilgerät ausgetauscht werden. Auch ich habe mir für die
DeepSky-Beobachtung einen 8x50 Sucher ausgesucht, bis ich mir den 6x30
Sucher meines Helios-120/1000mm-Refraktors „Carl Sagan“ einmal
genauer angeschaut habe.
Es
stimmt, dass 30 mm Öffnung nicht gerade der Hammer sind, aber das
Objektiv ist ein achromatisches aus zwei verkitteten Linsen und immerhin
erreicht man damit eine Grenzgröße von 8,6 mag. Der 8x50 erreicht nur
knapp eine Größenklasse mehr (9,5 mag). (Mann könnte hier die Frage
in den Raum stellen, ob 8,6 mag zum Auffinden von Objekten genügen und
ob irrsinnig viele Sterne 10. Größe vielleicht eher zur Unübersichtlichkeit
beitragen.) Außerdem ist das Objektiv vermittelst eines Gewindes mit
Konterring fokusierbar. Umständlich zwar, aber es muss ja nur einmal
gemacht werden.
Es
stimmt auch, dass einige Teile des 6x30 aus Kunststoff sind, aber wer
kann mir am Telrad oder Starpointer ein Teil aus Metall zeigen?
Weiterhin
stimmt es, dass der Tubus – insbesondere der Okulartubus – innen glänzend
schwarz ist, was zu störenden Reflexen führt. Glücklicherweise kann
man den gesamten Sucher auseinanderbauen, einschließlich Objektiv und
Okular. Der Metallring mit dem Fadenkreuz lässt sich herausdrehen, und
wenn man das Okular dann herumdreht, hält man zwei Abstandshülsen und
die Okularlinsen in der Hand. Die Okularlinsen bestehen aus zwei
Gruppen, die jeweils aus zwei verkitteten Linsen bestehen. Das Okular
ist also ein einfaches Erfle-Okular. Den Tubus und die Abstandshülsen
kann man in weniger als zwei Minuten von innen mit schwarzem
Schultafellack bestreichen, und Schluss ist mit den Reflexen.
Der
Haupttubus besitzt außerdem eine korrekt bemessene Blende in der Mitte,
was man ebenfalls als positiv bewerten darf.
Kommen
wir nun zum Gesichtsfeld am Himmel. Während der 8x50 Sucher mit relativ
bescheidenen 5¼° daherkommt, zeigt der 6x30 Sucher am Himmel ein Feld
von sage und schreibe 8¼°! Damit ist dass Auffinden von Objekten
einfacher als mit dem 8x50 Sucher. Das Bild ist klar, kontrastreich und
scharf bis zum Rand.
Anzumerken
wäre noch, dass der Helios 6x30 einen wesentlich längeren Ausleger hat
als der GSO 6x30. So wird vermieden, dass die Backe beim Newton auf dem
kalten Tubus klebt und man Zahnweh bekommt. Hier wird der eine oder
andere sagen, dass ein Sucher mit Schräg- oder 90°-Einblick dieses
Problem von vorneherein eliminiert. Ich persönlich komme jedoch viel
besser zurecht, wenn ich beim Peilen zusätzlich mit einem Auge in den
Himmel schauen kann.
Also,
wenn ich ehrlich bin, kann ich am 6x30-Sucher nichts Schlechtes finden.
Ich werde ihn in Zukunft jedenfalls wieder öfter einsetzen, und nicht
nur zum Mond- und Planeten-Anpeilen. |