Teleskope
Viele Bauarten – viele Zwecke
Das Prinzip des Teleskops ist alt. Vielleicht sogar älter als der Urtyp von Hans Lippershey, einem holländischen Optiker, aus dem Jahr 1608. Es enthält eine einzelne Sammellinse als Objektiv. Das Objektiv ist immer die Linse (oder das Linsensystem bei moderneren Teleskopen), die das Licht des zu betrachtenden Objektes auffängt und bündelt. Dort, beim Brennpunkt, schaut man sich das Objekt über ein Okular an (Oculus, lat. = Auge). Das so entstandene Bild ist bei einem astronomischen Teleskop grundsätzlich auf dem Kopf stehend und seitenverkehrt. Ebenso wie bei Teleskopen gibt es auch bei Okularen die unterschiedlichsten Bauarten. Hier aber betrachten wir erstmal nur die Teleskope.
Teleskope teilen wir im ersten Schritt nach der Art ihrer optischen Elemente ein.
• Linsensysteme (Refraktoren) sind dioptrisch, sie arbeiten mit Lichtbrechung
• Spiegelsysteme (Reflektoren) sind kataoptrisch, sie arbeiten mit Spiegelung
• Spiegellinsensysteme (Katadiopter) sind katadioptrisch, sie nutzen sowohl Spiegelung als auch Brechung
1. Linsensysteme (Refraktoren)
1.1 Das galileische bzw. keplersche Fernrohr
Das Fernrohr von Hans Lippershey wurde schnell verbessert, um es für die Astronomie zu benutzen. Galileo Galilei wie auch Johannes Kepler benutzten Teleskope, deren Objektiv eine einzelne Sammellinse war. Sie verwendeten lediglich unterschiedliche Okularlinsen. Welche, damit befasst sich der Beitrag über Okulare.
1.2 Der Fraunhofer-Achromat (FH)
Das einlinsige Objektiv hatte den Nachteil, dass es aufgrund der Lichtbrechung starke Farbfehler (chromatische Aberration) aufwies. Um 1750 begann man, diesem Effekt mit einer Zerstreulinse, die man hinter die Objektivlinse kittete, entgegenzuwirken. Es entstanden die Achromaten, oder, aufgrund des Zurückbrechens des Lichtstrahls, Refraktoren genannt. Das Verfahren wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Joseph von Fraunhofer verfeinert, indem er die beiden Linsen durch einem Luftspalt getrennt anordnete.
1.3 Der ED-, Semi- oder Halbapochromat
ED steht für extra-low dispersion und damit für eine spezielle Glassorte, aus denen man die zweite Linse des Achromaten herstellt. Der Brechungsindex des Glases liegt so, dass der Lichtstrahl nach dem Durchgang durch die Sammellinse so zurückgebrochen wird, dass das Bild nahezu farbrein wird.
1.4 Der Vollapochromat
Bei diesem Objektivtyp werden drei Linsen (Triplets) aus verschiedenen Gläsern verwendet. Das Ergebnis ist ein farbreines Bild bei maximalem Kontrast. Apochromaten gelten als die Königsklasse der Teleskope, nicht zuletzt deshalb, weil sie aufgrund der teuren Glassorten und den insgesamt sechs zu schleifenden optischen Flächen extrem kostspielig sind.
2. Spiegelsysteme (Reflektoren)
2.1 Das Newton-Spiegelteleskop
Die Hauptproblematik waren beim Linsensystem von Anfang an die durch Lichtbrechung bedingten Farbfehler. Issac Newton ersann zur Lösung dessen im Jahr 1672 ein Spiegelsystem, bei dem das Bild durch einen (heute parabolischen) Hohlspiegel ähnlich einem Rasierspiegel erzeugt wird. Das Licht wird von seiner Oberfläche reflektiert (zurückgespiegelt). Da keine Lichtbrechung stattfindet, treten hierbei auch keine Farbfehler auf. Allerdings hat der Spiegel den Nachteil, dass der Kopf des Beeobachters das einfallende Licht blockieren würde, wenn er das Bild betrachten wollte. Daher griff Newton zu dem Trick, den vom Hauptspiegel reflektierten Lichtkegel über einen im 45°-Winkel angeordneten planen Fangspiegel zur Seite abzulenken, wo das Bild dann leicht von der Seite her betrachtet werden kann. Dies funktioniert sehr gut und umso besser, je kleiner der Fangspiegel ist, denn dieser ist ja trotz allem ein Störkörper im optischen System, der einen Teil Licht blockiert und durch Lichtbeugung an seinen Kanten den Bildkontrast vermindert. Dieser Nachteil wird zugunsten der absolut farbreinen Abbildung in Kauf genommen.
2.2 Das Cassegrain-Spiegelteleskop
Laurent Cassegrain hatte noch im selben Jahr wie Newton eine ähnliche Idee, doch er argumentierte so: Durch die Abschattung, die der Fangspiegel verursacht, wird die Mitte des parabolischen Hauptspiegels nicht gebraucht. Warum nicht an diese Stelle ein Lochbohren und den Lichtkegel dort hindurchspiegeln? Dann kann man weiterhin von hinten in das Instrument schauen anstatt von der Seite her. So weit so gut, doch mit einem Planspiegel müsste man den Lichtkegel viel zu früh "abfangen", sodass der Fangspiegel sehr groß sein würde und damit zu starke optische Verluste herbeiführen würde. Die Lösung war ein konvexer Fangspiegel mit hyperbolischem Schliff, der die Brennweite des Hauptspiegels so weit verlängerte, dass auch ein kleinerer Fangspiegel den Brennpunkt hinter den Hauptspiegel brachte. Das bringt es jedoch mit sich, dass ein Cassegrain-Teleskop immer eine recht hohe Öffnungszahl aufweist und damit nicht so lichtstark sein kann wie ein Newton. Außerdem ist der Schliff eines hyperbolischen Fangspiegels aufwändiger und teurer als der eines Planspiegels.
2.3 Das Ritchey-Chrétien- und das Dall-Kirkham-Spiegelteleskop
Hier handelt es sich um Variationen des Cassegrain-Prinzips hinsichtlich des Spiegelschliffs. Von der Bauart her sind sie identisch mit dem Cassegrain-Teleskop. Eine Variante ist das Ritchey-Chrétien-Teleskop, gerne abgekürzt mit RC, bei dem der Hauptspiegel über einen hyperbolischen Schliff verfügt. Dadurch erreicht man, dass die Abbildung des Teleskops komafrei wird, was gegenüber den Teleskopen von Newton und Cassegrain ein Vorteil ist. Der Nachteil sind die höheren Kosten für das Schleifen. Die Entwickler dieses Typs waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts George Willis Ritchey und Henri Chrétien. Sowohl das VLT (Very Large Telescope) und das Hubble-Weltraumteleskop wurden nach diesem Prinzip gebaut. Einen anderen Weg ging der Entwurf von Horace Dall aus dem Jahr 1928, der einen Hauptspiegel mit elliptischem und einen Fangspiegel mit sphärischem Schliff vorsah. Diese einfacher zu schleifenden Formen machen diesen Typ zur kostengünstigsten Bauform des Cassegrain-Typs. Ein Amateurastronom namens Allan Kirkham hatte 1930 nach einer öffentlichen Diskussion einen bedeutenden Anteil an der Reputation von Dalls Idee, sodass diese Bauart schließlich Dall-Kirkham-Teleskop genannt wurde.
2.4 Das Gregory-Spiegelteleskop
Das Prinzip, das von James Gregory erfunden wurde, ist so alt wie jene von Newton und Cassegrain, jedoch weniger bekannt. Da das Handschleifen von Hohlspiegeln einfacher ist als das von Wölbspiegeln, enthält das Gregory-Teleskop einen Hohlspiegel auch als Fangspiegel. Dieser fängt das Bild des Hauptspiegels erst ab, nachdem der Brennpunkt erreicht wurde. So ergibt sich ein aufrechtes und seitenrichtiges Abbild. Bei großen Ausführungen dieses Typs besteht ein weiterer Vorteil: Der Primärfokus des Instruments kann ohne Ausbau des Fangspiegels genutzt werden. Leider ist die Konstruktion übermäßig lang, was einen großen Hebelarm erzeugt und somit eine besondere Anforderung an die Montierung stellt.
2.5 Der Schiefspiegler nach Kutter
Der Nachteil von Spiegelteleskopen war von Beginn an die Abschattung eines Teiles des Hauptspiegels durch den Fangspiegel. Zur Lösung des Problems erfand Anton Kutter in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts eine Konstruktion, die als Schiefspiegler bekannt wurde. Der Hauptspiegel empfängt das Licht dabei ungestört und lenkt es auf einen versetzt stehenden Fangspiegel. Der wiederum muss konvex sein, damit er die Brennweite so stark verlängert, dass die (in diesem Fall gewollte) Dejustierung des Systems nicht mehr ins Gewicht fällt. Daher hat diese Konstruktion zumeist eine Öffnungszahl ab 28. Für Geräte größerer Öffnung muss die Öffnungszahl verringert werden, denn ansonsten würde die Baulänge ein praktikables Maß schnell sprengen. Dann aber wird eine Korrekturlinse erforderlich, und wir haben kein reines Spiegelsystem mehr, sondern einen Katadiopter.
2.6 Der Yolo-Schiefspiegler
Yolo steht hier nicht etwa für "You only live once", sondern für das Yolo-County im U.S.-Bundesstaat Kalifornien. Dort wurde dieser Teleskoptyp in den 1960er Jahren von Arthur Leonard erfunden. Anders als beim Kutter-Prinzip wird hier der Strahlengang x-förmig verschränkt. Der durch diese Dejustierung auftretende Astigmatismus in der Abbildung wird entweder durch die Verwendung torisch geschliffener Spiegel oder durch eine gezielte Verspannung von Haupt- und/oder Fangspiegel in der Fassung korrigiert.
3. Spiegellinsensysteme (Katadiopter)
3.1 Das katadioptrische Newton-Spiegelteleskop oder Jones-Bird-Teleskop
Stellt man ein Newton-Spiegelteleskop anstatt mit einem parabolischen mit einem sphärischen Spiegel her, ist dies zwar in der Herstellung günstiger, doch geht dies mit einer starken Bildverzerrung einher. Es wird ein korrigierendes Linsenelement erforderlich, welches am tubusseitigen Ende des Okularauszugs angeordnet wird und zumeist eine schlichte Barlow-Linse ist. Der Vorteil ist eine kürzere Baulänge bei gleicher Brennweite, was die Montierung entlastet. Der Nachteil ist in der Regel ein übermäßig großer Fangspiegel, der mehr Licht blockiert und den Bildkontrast abflaut. Dieses System wird manchmal auch Bird-Jones-Teleskop genannt und ist zumeist ein fürchterlicher Fehlkauf, was nicht zwingend an der Bauart liegt, sondern an dem Bestreben, ein möglichst preisgünstiges Einsteigerteleskop auf den Markt zu schmeißen. Vorsicht also bei Newton-Reflektoren, deren Tuben dramatisch kürzer als ihre Brennweiten sind!
3.2 Das Schmidt-Newton-Spiegelteleskop
Bernhard Schmidt entwickelte eine Glasplatte mit asphärischem Schliff, die sogenannte Schmidt-Platte. Diese war in der Lage, die sphärische Aberration eines Hohlspiegels zu korrigieren, indem man sie dem System vorschaltete. Ein so ausgestattetes Newton-Teleskop behält seine Baulänge und den Fangspiegeldurchmesser, bietet jedoch ein nahezu komafreies Bild.
3.3 Das Schmidt-Cassegrain-Spiegelteleskop
Eine Schmidt-Platte eignete sich freilich auch vorzüglich für das Cassegrain-System. Heraus kamen dabei die beliebten und verbreiteten Schmidt-Cassegrains (SC).
3.4 Das Maksutow-Cassegrain-Spiegelteleskop
Die meniskusförmige Korrektorlinse von Dimitri Maksutow ist eine weitere Möglichkeit, die Abbildung sphärischer Spiegel zu verbessern. Zumeist wird sie am Cassegrain-System eingesetzt. Die Linse ersetzt in einem Zug die Halterung für den Fangspiegel, da dieser direkt auf die Innenseite der Korrektorlinse aufgedampft ist. Man erkennt diesen Typ ganz leicht durch den silbernen Kreis mitten auf der Meniskuslinse. Maksutow-Teleskope, Kurzform „Mak“, erreichen eine exzellente Abbildung, doch durch die relative Dicke und das damit verbundene Gewicht der Korrektorlinse stellt man sie nicht mit größeren Öffnungen her.
3.5 Das Klewtsow-Teleskop
Maksutow-Teleskope sind geschlossen, und die Voll-Apertur-Meniskuslinse ist dick. Ein solches System ist schwer und kühlt nur langsam aus. Hinzu kommt, dass Maks nicht mit großen Öffungen hergestellt werden, da Gewicht und Kosten für die massive Meniskuslinse technische und wirtschaftliche Grenzen setzen. Juri Klewtsow umging all diese Probleme, indem er die Meniskuslinse in verkleinerter Form erst kurz vor dem Fangspiegel anordnete. Dies schuf jedoch neue Probleme: Der Strahlengang passiert den Meniskus nun zweimal. Dies sowie die geringere Größe der Linse stellt höhere Anforderungen an die optische Qualität. Zudem kann der Meniskus störende Reflexionen verursachen, da auch er einen Teil des Strahlengangs spiegelt.
3.6 Das modifizierte Dall-Kirkham-Teleskop
Das rein auf Spiegeln basierte Dall-Kirkham-Design lässt sich durch ein korrigierendes Linsensystem erweitern. Hierdurch wird die Bildqualität außerhalb der optischen Achse verbessert, sodass ein größeres nutzbares Bildfeld entsteht. Die Anordnung des Linsensystems kann vor, hinter oder in der Hauptspiegelebene erfolgen. Auf diese Weise lässt sich auch das Ritchey-Chrétien-Teleskop ertüchtigen.
3.7 Das Maksutow-Newton-Spiegelteleskop
Das unter 3.4 gesagte trifft auch für Newton-Systeme zu, wenngleich diese seltener anzutreffen sind. Sie haben für gewöhnlich Öffnungszahlen um 8. Durch den deutlich kleineren Fangspiegel und die damit geringe Obstruktion stehen Maksutow-Newtons, oder kurz Mak-Newtons, in dem Ruf, besonders gut für die Planetenbeobachtung geeignet zu sein.